„Kultur- und Kulinarikmonat November 2022“ – Unter diesem Titel richtet die Kreisentwicklungsgesellschaft ARBERLAND REGio GmbH aktuell ein Begegnungsprojekt aus, welches nach der neuen Förderrichtlinie für den bayerisch-tschechischen Grenzraum vom bayerischen Finanz- und Heimatministerium gefördert wird. Am Wochenende erwartete Einheimische und Besucher:innen als Teil der Projektmaßnahmen ein grenzübergreifendes Heimatfest mit zahlreichen Events in und rund um Bayerisch Eisenstein.
Neben Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker konnte REGio-Geschäftsführer Herbert Unnasch beim vorgelagerten politischen Empfang am Freitag eine ganze Reihe prominenter Gäste aus Politik, Wirtschaft und Tourismus beider Nachbarländer in der ArberLandHalle begrüßen: „Das neue Förderprogramm bietet beste Voraussetzungen, um weiterhin in die bayerisch-böhmische Freundschaft investieren zu können“, erläuterte er. „Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts“, bekräftige Landrätin Rita Röhrl. Wie eng der Grenzraum bereits verflochten sei, habe erst kürzlich die Corona-Krise gezeigt, als jahrzehntelang geöffnete Grenzbäume mit einem Mal fielen. Man müsse durch diplomatische aber auch durch finanzielle Mittel dafür Sorge tragen, dass „nie wieder ein Eiserner Vorhang auf dieser Region liegt“, meinte sie.
Die bayerische Staatsregierung habe, so schloss Finanz- und Heimatminister Albert Füracker an, die neue Förderrichtlinie für den bayerisch-tschechischen Grenzraum gut durchdacht: „Es geht uns ganz konkret um Völkerverständigung.“ Auf vier Jahre angelegt biete sie viel Potenzial für nachhaltige Entwicklung und sei speziell auf die Bedürfnisse des ländlichen Raums abgestimmt. Neben wirtschaftlichen Aspekten müsse man auch Kultur, Kulinarik und Tourismus als verbindende Elemente im internationalen Austausch wertschätzen: „Beim Essen kommen die Leute schließlich zusammen“, meinte Füracker mit einem Augenzwinkern und wünschte dem „Kultur- und Kulinarikmonat November“ einen guten Verlauf. Auch für die Regierung in Prag sei die Grenzraumförderung ein wichtiges Thema, versicherte PhDr. Jan Fluxa, Vizeminister für Regionalentwicklung und Digitalisierung der Tschechischen Republik. Nicht zuletzt der russische Angriffskrieg in der Ukraine mache deutlich, wie wichtig das friedliche Zusammenleben zwischen den Völkern sei. Auch Tschechien habe zu diesem Zweck neue Förderprogramme aufgelegt, welche neben dem Forschungs- und Wissenstransfer die Themen Kultur und Tourismus stärken. Er freue sich auf deren gemeinsame Durchführung in der Zukunft. „Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“, zitierte Niederbayerns Regierungspräsident Rainer Haselbeck aus dem bekannten Schlager. Gerade in schwierigen Zeiten bewahrheite sich diese Aussage. Im bayerisch-tschechischen Grenzraum werde Freundschaft konkret gelebt und es lohne jede Mühe, diese Freundschaft weiter zu pflegen.
Der bedeutenden Redner:innen auf dem Podium gab es noch mehr: So rekapitulierte Rudolf Spotak, Bezirkshauptmann des Krajs Pilsen, die gemeinsamen Projektvorhaben der Vergangenheit im Grenzraum, wünschte sich aber nicht nur ein auf grenzüberschreitende Beschäftigungsverhältnisse gerichtetes Zusammenwachsen, sondern auch ein Geografisches. Als Beispiel nannte er die Bahnstrecke Prag-München und deren Potenzial, Menschen mit 160 km/h von Ost nach West zu befördern. Der Stellvertretende Bezirkshauptmann des Krajs Südböhmen, Pavel Hroch, freute sich über die „besondere Veranstaltung“ und begrüßte als Kulturförderer vor allem die Ausrichtung des ARBERLAND-Begegnungsmonats. Im Gegensatz zum allgemein eher pessimistischen Grundton, der die nachbarschaftlichen Beziehungen seit der Pandemie färbt, sprach Generalkonsulin Dr. Ivana Červenková von einer Freundschaft auf „sehr hohem Niveau“. Von dieser zeugten nicht nur viele Ministerbesuche und -gegenbesuche, sondern gerade das zwischenmenschliche Miteinander „an der Basis“ – bei der deutschen und tschechischen Bevölkerung. Wichtig sei es daher, künftig noch stärker den sprachlichen Austausch zu fördern.
Judith Weinberger-Singh, Leiterin der Kreisentwicklung ARBERLAND, dankte abschließend allen „Partnern und Alliierten“ des Projekts und lud das Plenum ein, dem durch Windlichter aus dem Hause Zwiesel Kristallglas erleuchteten Weg von der ArberLandHalle zur Galerie Kuns(t)räume im Bahnhofsareal zu folgen. Hier eröffnete Inhaber Christian Bayerl die Finissage der Ausstellung „Grenzenlose Heimat“ und präsentierte den Anwesenden Kunstwerke von sieben Künstlerinnen und Künstlern aus den sechs Bezirken entlang der Grenze. Nicht nur er, sondern auch die beiden Kuratoren Fritz und Sven Bauer sowie Eisensteins Bürgermeister Michael Herzog und Železná Rudas Bürgermeister Filip Smola wurden daraufhin mit Geschenken aus dem Kulinarischen Schaufenster und der Glasfachschule Zwiesel bedacht.
Abseits der Hauptattraktion wartete im Galerie-Erdgeschoss ein „Begegnungsraum“ auf die Gäste. Dieser wurde von einer Projektion des bayerisch-böhmischen Grenzgebiets bestrahlt und soll Partnern – so erläuterte Bayerl – künftig die Möglichkeit bieten, sich und ihre Regionen in den „Kuns(t)räumen“ herzuzeigen.
Im Localbahnmuseum, wo ein grenzüberschreitender Kulinarik- und Handwerkermarkt zwischen den historischen Loks und Waggons aufgebaut war, wurde daraufhin von Michael Herzog und Vizeminister Fluxa der „Funke der bayerisch-böhmischen Freundschaft“ entzündet – und in Form von Kerzlein und Fackeln an die Besucher weitergereicht. Der Abend endete zunächst bei Früchtepunsch und Gebäck, dann bei einem stimmungsvollen Ganserlessen im Grenzbahnhof-Restaurant Vo Gunders.
Auch am Samstag fanden Interessierte den Markt im Localbahnmuseum vor. Zudem tischte das Hotel Eisensteiner Hof ab 11 Uhr ein bayerisch-böhmisches Menü auf. Ab Mittag fand am Grenzbahnhof dann eine Führung mit dem Frankfurter Eisenbahnhistoriker Bernhard Hager statt. Nachdem die 22 Teilnehmer:innen die beiden einst geteilten Ortschaften Bayerisch Eisenstein und Železná Ruda auf fünf Kilometern Fußmarsch erkundet hatten, kehrte die Gruppe „zur Belohnung“ im berühmtem Café Charlotte ein. Ab 17 Uhr konnte man zurück im Eisensteiner Bahnhofsareal, bzw. in der Grenzglashütte, die ersten Weine des Jahres 2022 probieren und einen Rückblick auf das Wochenende wagen: „Aus geschichtlicher Sicht“, schloss Bernhard Hager, „gibt es keinen Grund, über die Geschwindigkeit des (Wieder-)zusammenwachsens Bayerns und Böhmens unzufrieden zu sein. Vielmehr sollten wir mit Stolz darauf blicken, was nach den Gräueln vor und hinter dem Eisernen Vorhang in nur 30 Jahren schon möglich geworden ist.“
Weiter geht es mit dem „Kultur- und Kulinarikmonat 2022“ bereits am Samstag, den 19. November, mit einem „Tag der musikalischen Begegnung“ im Rahmens des „Pool of Invention Festivals“ in Haidhäusl/Haidmühle und am Samstag, den 26. November, mit einem literarischen Kamingespräch der beiden Autor:innen Bernhard Setzwein und Ludmila Rakušanová in Bayerisch Eisenstein.
Der grenzüberschreitende „Kunst- und Kulinarikmonat November 2022“ wird vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat mit 53.032,50 Euro gefördert. Grundlage hierfür ist die neue Förderrichtlinie BYCZFöR.